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Insolvenz

Galeria Karstadt Kaufhof setzt auf Münster

Köln/Münster

Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof will nach Angaben des Gesamtbetriebsrats 52 der noch verbliebenen 129 Warenhäuser schließen. Die Kaufhäuser in Münster sind davon nicht betroffen.

Von Erich Reimann und Jürgen Stilling

Galeria Karstadt Kaufhof: Die beiden Standorte in Münster sollen erhalten bleiben. Foto: Imago/Rüdiger Wölk

Es ist eine Schreckensnachricht für ­viele Innenstädte: Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof schließt 52 ­seiner noch verbliebenen 129 Warenhäuser. Tausende Beschäftigte werden dadurch ihren Arbeitsplatz verlieren und zahlreiche Innenstädte einen wichtigen Anziehungspunkt in ihren Einkaufsstraßen.

Dennoch sorgte die Mit­teilung aus der Essener Galeria-Zentrale in Münster und im Münsterland für Zufriedenheit: In Münsters Innenstadt bleiben das ehemalige Kaufhof-Haus, aber auch die Spekulationen zufolge arg gefährdete Karstadt-Filiale bestehen.

Der bundesweite Kahlschlag schockierte indes. „Das ist zweifellos heute für uns alle ein schwerer Tag“, betonte der Galeria-Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz am Montag bei der Veröffentlichung der Schließungsliste. Das Unternehmen habe in den vergangenen Wochen intensiv um jeden einzelnen Standort gerungen. Insgesamt 52 Warenhäuser könnten aber angesichts der volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der lokalen Gegebenheiten nicht fortgeführt werden.

Betroffen von den Filialschließungen sind Warenhäuser in Großstädten wie Berlin und Düsseldorf ebenso wie Filialen in kleineren Kommunen wie Paderborn, Reutlingen oder Pforzheim. Insgesamt 21 Filialen sollen nach den Plänen des Konzerns bereits zum 30. Juni 2023 ihre Tore für immer schließen, die übrigen 31 Häuser zum 31. Januar 2024.

Video in Kooperation mit dem WDR

Diese Galeria-Warenhäuser sollen geschlossen werden

Galeria Karstadt Kaufhof hat angekündigt, 52 der noch verbliebenen 129 Warenhäuser in Deutschland zu schließen. Dies soll in zwei Schritten geschehen.

Zum 30. Juni 2023 sollen folgende 21 Standorte geschlossen werden (in alphabetischer Reihenfolge):

  • Celle
  • Coburg
  • Cottbus
  • Duisburg
  • Erlangen
  • Gelsenkirchen
  • Hagen
  • Hamburg-Harburg
  • Hamburg-Wandsbek
  • Leipzig Neumarkt
  • Leverkusen
  • München Bahnhof
  • Neuss
  • Nürnberg
  • Nürnberg-Langwasser
  • Offenbach
  • Paderborn
  • Regensburg Neupfarrplatz
  • Saarbrücken
  • Siegen
  • Wiesbaden

Zum 31. Januar 2024 ist dann die Schließung dieser 31 Filialen geplant:

  • Bayreuth
  • Berlin-Charlottenburg
  • Berlin-Müllerstraße
  • Bielefeld
  • Braunschweig
  • Bremen
  • Darmstadt
  • Dortmund
  • Düsseldorf-Schadowstraße
  • Essen
  • Esslingen
  • Frankfurt Zeil
  • Hanau
  • Heidelberg Bismarckplatz
  • Hildesheim
  • Kempten
  • Krefeld
  • Leonberg
  • Limburg
  • Lübeck
  • Mönchengladbach
  • Oldenburg
  • Pforzheim
  • Reutlingen
  • Rosenheim
  • Rostock
  • Schweinfurt
  • Siegburg
  • Stuttgart Eberhardt-Straße
  • Viernheim
  • Wuppertal

„Ein rabenschwarzer Tag“

Nach Angaben des Gesamtbetriebsrats werden im Zuge der Insolvenzverfahrens „weit über 5000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlieren“. Es würden nicht nur Stellen in den Schließungsfilialen wegfallen. Geplant seien auch Flächen­reduzierungen und ein Personalabbau in den verbleibenden Häusern und in den Zentralfunktionen.

Das Unternehmen selbst sprach von mehr als 4000 Betroffenen. Sie sollen das Angebot erhalten, in eine Transfergesellschaft zu wechseln, um sich für eine neue Stelle weiterzuqualifizieren. „Dies ist ein rabenschwarzer Tag“, erklärte der Gesamtbetriebsrat.

Kommentar: Freude und Entsetzen

Mehr Eigenständigkeit für Filialen

Deutschlands letzte große Warenhauskette nutzt das Insolvenzverfahren für harte Einschnitte ins Filialnetz. Die Folge: Tausende Beschäftigte werden ihren Arbeitsplatz verlieren und zahlreiche Kommunen einen wichtigen Publikumsmagneten in der Innenstadt. Allein in Nordrhein-Westfalen werden 15 der 31 Warenhäuser geschlossen, die beiden Häuser in Münster sind allerdings nicht darunter.

Nach den Plänen des Warenhauskonzerns sollen die verbleibenden 77 Filialen in den kommenden drei Jahren allesamt umfassend modernisiert werden. In Zukunft will sich der Konzern bei seinem Angebot vor allem auf die Bereiche Bekleidung, Schönheitspflege und Wohn-Accessoires konzentrieren. Bei der Gestaltung ihres Sortiments sollen die Filialen außerdem mehr Eigenständigkeit erhalten. Mit Blick auf das geplante Maßnahmenpaket sagte Galeria-Chef Miguel Müllenbach: „Das Warenhaus in Deutschland hat damit eine Zukunft.“ Allerdings muss vor dem Neustart noch die Gläubigerversammlung am 27. März in Essen grünes Licht dafür geben. Lehnt sie den Insolvenzplan ab, droht dem Unternehmen das sofortige Aus.

Streichung von mehr als zwei Milliarden Euro an Schulden

Galeria hatte Ende Oktober zum zweiten Mal innerhalb von weniger als drei Jahren Rettung in einem Schutzschirm-Insolvenzverfahren suchen müssen. Als Grund für die bedrohliche Lage des Unternehmens nannte Konzernchef Miguel Müllenbach damals die explodierenden Energiepreise und die Konsumflaute in Deutschland.

Es ist bereits der zweite Versuch, den Handelsriesen durch ein Schutzschirmverfahren und den damit verbundenen Schuldenschnitt wieder dauerhaft auf Erfolgskurs zu bringen. Ein erster Anlauf, der 2020 während des ersten Corona-Lockdowns gestartet worden war, hatte dem Unternehmen trotz der Schließung von rund 40 Filialen, des Abbaus von etwa 4000 Stellen und der Streichung von mehr als zwei Milliarden Euro an Schulden nur vorübergehende Entlastung gebracht.

„Warenhäuser verlieren an Bedeutung“

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, betonte, in vielen von Warenhausschließungen betroffenen Städten werde die aktuelle Entwicklung auch als städtebauliche Chance verstanden.

Der Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung, Boris Hedde, sagte unserer Redaktion: „Die Warenhäuser verlieren seit Jahrzehnten an Bedeutung. Und die Corona-Pandemie hat die Entwicklung noch einmal drastisch beschleunigt.“ Früher hätten die Kaufhäuser durch die angebotene Warenvielfalt beeindruckt. Aber das sei vorbei. „Wer ein breites Sortiment sucht, geht heute ins Internet.“

Karin Eksen, Geschäftsführerin des Handelsverbandes NRW Westfalen-Münsterland. Foto: Oliver Werner

Drei Fragen an Karin Eksen

Karin Eksen begleitet als Geschäftsführerin des Handelsverbandes NRW Westfalen-Münsterland seit Jahren das Auf und Ab des Einzelhandels in der Region – besonders auch das Ringen um die Warenhäuser in Münster.

Frau Eksen, Was bedeutet die Rettung beider Warenhäuser für Münsters Innenstadt?

Eksen: Zunächst einmal freut mich diese Nachricht – und da bin ich für Münster ganz egoistisch – sehr! Das ist ein Kompliment für die Filialen in Münster und den Einzelhandelsstandort Münster. Nun gilt es, die beiden Häuser so aufzustellen, dass die Rettung dauerhaft ist und auch die Mitarbeitenden zur Ruhe kommen können.

Und welche Folgen hat diese Entscheidung für das Münsterland?

Eksen: Für das Münsterland ändert sich dadurch eigentlich nichts – außer, dass man vielleicht die Stärke Münsters als Einzelhandelsstandort noch einmal deutlich vor Augen geführt bekommt.

Sind damit die Probleme für Münsters Einzelhandel gelöst?

Eksen: Der Einzelhandel steht an jedem Standort vor großen Herausforderungen, das ist auch in Münster nicht anders. Es gilt, die Innenstädte so attraktiv zu gestalten, dass Besucher und Kunden gerne herkommen und gerne einkaufen. Die Existenz hängt letztendlich von den Umsätzen ab. Spannend wird aus meiner Sicht sein, wie die beiden Galeria-Filialen diese Herausforderung meistern

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