Tipps der Verbraucherzentrale NRW
Steigenden Zinsen verteuern das Eigenheim
Frankfurt am Main/Münster
Die Monatsraten für Immobilienkredite können sich deutlich erhöhen. Die Verbraucherzentrale NRW gibt Tipps zum Gegensteuern.
Die Monatsraten für Immobilienkredite können sich deutlich erhöhen, denn die Europäische Zentralbank (EZB) hat Anfang Februar den neuen Leitzins von drei Prozent festgelegt. Das ist der höchste Stand seit 2008. Für Mitte März ist bereit die nächste Zinserhöhung angekündigt. Zinsen für Immobilienkredite sind bereits im Jahr 2022 von einem Prozent auf zwischenzeitlich über vier Prozent gestiegen. Wer bald eine Anschlussfinanzierung zu verhandeln hat, sollte sich auf steigende Monatsraten einstellen, empfiehlt die nordrhein-westfälische Verbraucherzentrale.
Thomas Hentschel, Finanzexperte der Verbraucherzentrale NRW, rät, die Zinsentwicklung kontinuierlich zu beobachten und sich frühzeitig zu informieren: „Man sollte nicht warten, bis die Bank vier bis sechs Wochen vor Ende der Frist ein Angebot macht. Denn steigende Zinsen und Tilgung können die Anschlussfinanzierung empfindlich verteuern.“
Restschulden nach der Niedrigzinsphase
Restschulden am Ende der Zinsbindung eines Kredits können komplett oder teilweise getilgt werden. Sie müssen finanziert werden, das geht beim gleichen oder bei einem anderen Kreditinstitut. Ein Vergleich könne sich lohnen, verweist die Verbraucherzentrale, denn die Zinsen können unterschiedlich hoch sein. Mit etwas Glück lässt sich auch die bisherige Bank von einem günstigeren Alternativangebot überzeugen und bessert das Angebot selbst nach.
Wenn das Kreditinstitut gewechselt wird , spricht man von Umschuldung. Dafür fallen Kosten von etwa 0,2 Prozent der eingetragenen Grundschuld an, 200 Euro zusätzlich wären das bei 100.000 Euro Restschulden. Durch die Anschlussfinanzierung lassen sich dafür dann zusätzliche Darlehen oder Fördermittel beantragen, wenn Um- oder Anbauten oder energetische Sanierungen geplant sind, so die Verbraucherzentrale.
Berechnung der neuen Rate
Die Verbraucherzentrale erklärt das gängige Porzedere: Darlehenszinsen werden eingespart, wenn Teile des Kredits regelmäßig zurückzahlt werden. Zusätzlich reduzieren sich die Restschulden. Dadurch steigt der Tilgungsanteil in der monatlichen Kreditrate, die sich in den meisten Fällen aus Zinsen und Tilgung zusammensetzt. Die Bank bezieht dann üblicherweise den neuen Zins und die alte Tilgung auf das Ursprungsdarlehen, um die höhere Tilgung beizubehalten. Allerdings steigt die Monatsrate durch die nun höheren Zinsen deutlich, was für viele Menschen eine hohe finazielle monatliche Belastung mit sich zieht.
Ein Rechenbeispiel von der Verbraucherzentrale für die Berechnung der neuen Zinsrate
Möglichkeiten zum Gegensteuern
Eine Vereinbarung mit der Bank, dass der Sollzins und die Tilgungsrate nur auf die Restschuld bezogen werden, kann helfen, die Monatsrate zu reduzieren, verrät die Verbraucherzentrale. Akzeptiert die Bank beispielsweise einen Tilgungssatz von einem Prozent bei fünf Prozent Zinsen auf 233.000 statt auf 300.000 Euro, beträgt die monatliche Rate nur 1.165 Euro. Auch vereinbarte Sondertilgungen können die Restschuld erheblich reduzieren, ist der Hinweis der Zentrale.
Nachteile einer niedrigen Anfangstilgung
Eine Tilgungsrate von einem Prozent veranlasst eine niedrigere monatliche Rückzahlungsrate. In dem Beispiel der Verbraucherzentrale läge sie bei der Kreditaufnahme im Jahr 2015 bei 787,50 Euro. Der Nachteil: Die Restschuld reduziert sich deutlich langsamer und liegt nach zehn Jahren immer noch bei circa 266.500 Euro. Bei fünf Prozent Zinsen würde sich die monatliche Rate die Anschlussfinanzierung fast verdoppeln, auf 1.500 Euro. Die Zentrale weist darauf hin, dass auch wenn man ein Prozent Tilgung nur auf die Restschuld rechnet, die Rate trotdzdem auf etwa 1.330 Euro steigen würde.
Zinsbindungen aus der Vergangenheit sind kein Ruhekissen
Vor diesem Trugschluss warnt die Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen. Eine möglichst lange Zinsbindung sei in der Niedrigzinsphase empfehlenswert gewesen. Eine Kündigung mit einer Frist von sechs Monaten darf das Kreditinstitut allerdings schon nach zehn Jahren der Vollauszahlung des Darlehens veranlassen. Je nach Zinserwartung können Kreditnehmer und Kreditnehmerinnen das Darlehen dann flexibel kündigen und mit einem neuen Zins finanzieren, erklärt die Verbraucherzentrale, wenn so ein Fall eintritt. Ob der Zinsanstieg so weitergeht, sei schwer vorauszusagen, ratsam ist aber, die Entwicklung des Zinsniveaus weiter zu beobachten, raten die Experten.
Die Gefahren eines Forwarddarlehens
Mit einem Fotwarddarlehen lassen sich Zinsen in der Zukunft vereinbaren. Die Angebote sind für Vorausplaner, sie reichen je nach Bank von 12 bis 36 Monaten, vereinzelt auch zwei Jahre, in die Zukunft. Die Planungssicherheit mit dem festgelegten Zins ist allerdings nicht kostenlos, die Banken verlangen für die Zeit bis zur Auszahlung einen Zinsaufschlag auf die aktuellen Konditionen, erklärt die Verbraucherzentrale. Sie weist darauf hin, dass man natürlich ein gutes Geschäft macht, wenn die künftigen Marktzinsen höher steigen als im Forwarddarlehen vereinbart. Ein Forwarddarlehen kann Fluch und Segen sein, denn es bleibt dann bei den vertraglich festgelegten Zinsen. Auch, wenn die Zinsen auf dem Markt zum Auszahlungszeitpunkt niedriger sind. Eine Vertragsbefreiung ist nur dann möglich, wenn eine teure Nichtabnahmeentschädigung gezahlt wird, warnen die Finanzexperten.
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